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Co-Investorbrief 2016/2017

"Es gibt zwei Arten von Vorhersagern: die, die es nicht wissen, und die, die nicht wissen, dass sie es nicht wissen." - John Kenneth Galbraith


Performance


Liebe Partner und Co-Investoren,


im letzten Jahresbrief ging ich auf die Charakteristiken unserer Portfoliounternehmen ein, ohne diese namentlich zu erwähnen. Viele Partner waren neu eingestiegen, die Aktienmärkte schwankten 2015 und Anfang 2016 sehr und für einige von Euch war es das erste Mal, dass ein beträchtlicher Teil Eures Kapitals großen Schwankungen ausgesetzt war. Es war mir wichtig, Euch anhand von konkreten Beispielen zu verdeutlichen, wie ich denke und handele und was unser Portfolio auszeichnet.


Ich bin etwas stolz und geehrt, dass alle Partner trotz der kurzfristigen deutlichen Marktverluste in 2016 nicht nur RICHTWERT gegenüber treu blieben, sondern viele auch meinem Rat folgend aufgestockt haben. Erfahrungsgemäss gelingt dies den wenigsten privaten wie professionellen Investoren. Umso mehr freut es mich, dass sich Eure Standfestigkeit sehr positiv ausgewirkt hat. Die, die aufgestockt haben (mich eingeschlossen), erzielten ausnahmslos eine bessere Performance und werden auch zukünftig von ihrer Entscheidung profitieren. Vor allem aber bin ich dankbar, denn nur wenn Ihr langfristig handelt, erlaubt Ihr mir Entscheidungen zu treffen, die unseren langfristigen Erfolg maximieren können.


In diesem Brief werde ich auf folgende Themen eingehen. Wer eine Kopie des letzten Jahresbriefes wünscht, kann diese gerne bei mir anfordern.

Wie in jedem Jahresbrief, verweise ich auf unsere Ziele, damit wir unsere Ergebnisse mit unseren ursprünglichen Zielen vergleichen können.


Resultate im Jahr 2016 und im 1. Halbjahr 2017

Zwei unterschiedliche Perspektiven

Die korrekte Beurteilung eines Wertpapierportfolios erfordert zwei unterschiedliche und voneinander unabhängige Perspektiven:

  1. Die erste ist die Aktienperformance der Portfoliofirmen.

  2. Die zweite ist die historische und erwartete betriebswirtschaftliche Performance der Portfoliofirmen.

Langfristig weisen beide Perspektiven ähnliche Resultate auf, weil Marktteilnehmer die betriebswirtschaftliche Performance honorieren. Da wir Menschen aber oft mehr emotional als rational handeln, weichen diese kurz- und mittelfristig oft weit voneinander ab.


Die Vermischung dieser Perspektiven ist wahrscheinlich der grösste Fehler professioneller wie auch privater Anleger. Kaufen sie eine Immobilie, dann bekommen sie hierfür lange keine Kaufangebote (Preise) und sind dennoch glücklich solange die Immobilie die erwarteten Mieterträge oder -ersparnisse generiert. Kaufen sie jedoch eine Aktie, schauen sie am nächsten Morgen nach dem Preis, um herauszufinden, ob sie richtig entschieden haben. Um dieser destruktiven Tendenz vorzubeugen, beurteile ich die Performance unseres Portfolios stets aus beiden Perspektiven. Abbildung 1 demonstriert dies eindrücklich anhand drei unserer schwergewichtigsten Investitionen:

Abb. 1: Beispiel - Irrationale kurzfristige Kursbewegungen

Unser Portfoliounternehmen 1 (blaue Linie) lag nach ca. zwei Jahren mit ca. -25% deutlich im Minus und hinkte ebenfalls fast 25% hinter dem S&P 500 Index hinterher. In den letzten 12 Monaten aber verdoppelte sich der Aktienpreis, sodass die Aktie seit unserem ursprünglichen Kauf eine Performance von +59% aufweist und ca. 25% besser abschnitt als der S&P 500 Index. Wäre dies eine kleine, unbeachtete Firma, hätte man sagen können: "Das kann passieren, sie war nicht auf dem Radar." In der Tat ist sie aber einer der grössten Firmen in den USA mit einem Marktwert von über 200 Mrd. US Dollar, welche von unzähligen Analysten, institutionellen Investoren und den Medien analysiert wird.


Portfoliounternehmen 2 und 3 (graue und grüne Linie) halte ich mittel- und langfristig für mindestens genau so attraktiv, auch wenn sich das temporär nicht in deren Aktienpreis widerspiegelt.


Solche Verzerrungen sind der Hauptgrund, warum wir momentan unter unseren gesteckten Zielen liegen. Hinzu kommt, dass der Aktienmarkt (S&P 500 Index) relativ zu unserem Portfolio überbewertet ist. In der Tat gibt es zahlreiche Firmen aus unterschiedlichen Branchen, bei deren Bewertung ich nur den Kopf schüttele.


Marktperformance unseres Portfolios sowie betriebswirtschaftliche Performance unserer Firmen


Zusammenfassend war die betriebswirtschaftliche Performance und die Stärke unserer Portfoliounternehmen in 2016 und in der ersten Hälfte von 2017 besser als ihre Aktienperformance.


Mitte Februar und Ende Juni 2016 zeigten sich die Marktteilnehmer besonders pessimistisch. Zu diesen Zeiten war unser Portfolio beinahe 18% tiefer bewertet als noch am Jahresanfang. Zudem hinkte unser Portfolio teilweise ca. 16% hinter dem S&P 500 Index hinterher. Ich nutzte diese attraktiven Gelegenheiten, um unser Portfolio durch Zukäufe und Umschichtungen zwischen den Portfoliofirmen zu optimieren. Zudem folgten viele Partner (mich eingeschlossen) meinem Aufruf und stocken ihre Portfolios weiter auf.


Unsere Standfestigkeit wurde in der zweiten Jahreshälfte sowie im ersten Quartal 2017 belohnt. Die anfänglich noch deutliche negative Performance entwickelte sich zu einer attraktiven Performance per Ende 2016 und der positive Trend setzte sich 2017 noch weiter fort. Dabei verringerte sich die Underperformance gegenüber den Vergleichsindizes ebenfalls deutlich.


Die übriggebliebene Underperformance ist vor allem auf den vor kurzem schwächer gewordenen US-Dollar zurückzuführen, denn wir waren und sind fast ausschliesslich in US-basierte Firmen investiert. Zu kurzfristigen Schwankungen habe ich keine sinnvollen Erkenntnisse. Langfristig erwarte ich, dass die Performance unserer Unternehmen massgebend sein wird, selbst wenn der US-Dollar gegenüber Euro und CHF stärker abwerten sollte. Zudem besitzen viele unserer Portfoliofirmen eine natürliche Währungsabsicherung, weil ihre Kosten mehrheitlich in US-Dollar und ihre Umsätze weltweit anfallen.


Im letzten Co-Investorbrief schwärmte und betonte ich, dass die gefallenen Preise unserer Investitionen nicht ein Fluch, sondern ein Segen sind. In dem Augenblick mag das schwer zu glauben gewesen sein. Heute, wo viele unserer gewichtigen Investitionen 30% - 55% höher notieren, kann ich Euch versichern, ich wünschte ihr Preis wäre nicht gestiegen. Natürlich wäre unsere Portfolioperformance kurzfristig (absolut und relativ zur Benchmark) wesentlich schlechter gewesen, doch die weitaus besseren langfristigen Aussichten durch Zukäufe bei solch tiefen Preisen hätten das mehr als kompensiert.


Schauen wir nicht länger nach hinten, sondern nach vorne:

Die beachtliche Aufholjagd unseres Portfolios spiegelt noch immer nicht die operative Leistung und die Stärken unserer Portfoliofirmen wider. Die folgenden Angaben reflektieren meine Einschätzungen und beziehen sich auf das ungefähre, durchschnittliche Gewicht unserer Portfoliounternehmen im Laufe von 2016 und per Ende Juni 2017.

  • Der Anteil der Portfoliofirmen, die ihre Ertragskraft (Gewinnpotential) erhöhen konnte, stieg von 65% in 2016 auf 83% per Ende Juni 2017.

Profitabilität und Gewinnsteigerungen sind wichtige Merkmale, doch an Kapitalmärkten spielen Erwartungen eine zentralere Rolle. Dabei ist das Thema Erwartungen recht komplex. Selbst unter Experten gibt es keine Einigkeit, was die Erwartungshaltungen sind und wie diese zu interpretieren sind. Ich bin der Ansicht, dass Erwartungen oft falsch verstanden werden, daher die folgenden Erläuterungen.

Zum einen gibt es die gebündelte Erwartung der Marktteilnehmer, die sogenannte Markterwartung (1), die sich in Angebot und Nachfrage und folglich in Marktpreise für Wertpapiere (z.B. Aktien) ausdrückt.

  • Wenn ein Unternehmen operative Leistungen vollbringt, die der Markterwartung entsprechen, dann sollte (2) dessen Aktienpreis um den Diskontsatz (3) steigen.

  • Wenn die operativen Leistungen die Markterwartung übertreffen, dann sollte dessen Aktienpreis stärker steigen als der Diskontsatz.

  • Und wenn die operativen Leistungen die Markterwartung verfehlen, dann sollte der Aktienpreis weniger steigen als der Diskontsatz oder fallen, je nachdem wie stark die Verfehlung ist.

Darüber hinaus gibt es die individuelle Erwartung einzelner Marktteilnehmer, z.B. meine Erwartung an unsere Portfoliounternehmen. Meine Erwartung an unsere Firmen ist höher als die Markterwartung, ansonsten wären sie aus meiner Sicht nicht unterbewertet und hätten nichts in unserem Portfolio zu suchen. Ich erwarte, dass die operativen Leistungen unserer Unternehmen mittelfristig (5-10 Jahre) eine durchschnittliche jährliche Aktienperformance von mindestens 10% rechtfertigen und dass ihre Aktien den S&P 500 Index somit mittelfristig übertrumpfen.

Jetzt wo wir das Thema Erwartungen ins richtige Licht gerückt haben, können wir die Performance unserer Portfoliounternehmen aus dieser Sicht betrachten. Was folgt, ist wiederum meine Einschätzung:

  • 2016 erfüllte oder übertraf 94% unseres Portfolios die Markterwartungen, jedoch nur 73% des Portfolios erzielte eine positive Performance im Jahr 2016 (siehe Abb. 2).

  • Bis Ende Juni 2017 erfüllte oder übertraf 96% unseres Portfolios die Markterwartungen, doch nur 89% erzielten zwischen Januar 2016 – Ende Juni 2017 eine positive Performance (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Operative Performance unserer Portfoliounternehmen vs. Markterwartungen und ihre Aktienperformance
  • 2016 erfüllte oder übertraf 60% unseres Portfolios meine Erwartungen, doch nur 30% des Portfolios übertrumpfte den S&P 500 Index im Jahr 2016 (siehe Abb. 3).

  • Bis Ende Juni 2017 erfüllte oder übertraf 75% unseres Portfolios meine Erwartungen, jedoch nur 47% übertrumpften den S&P 500 Index im Zeitraum Januar 2016 – Ende Juni 2017 (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Operative Performance unserer Unternehmen vs. meinen Erwartungen und ihre relative Aktienperformance vs. den S&P 500 Index

Zusammengefasst habe ich das Qualitätsniveau unseres Portfolios seit 2016 merklich erhöht (vgl. Operative Performance vs. Markterwartungen / vs. Meine Erwartungen in 2016 mit Juni 2017), ohne einen signifikant höheren Preis für dieses Qualitätsupgrade zu bezahlen (vgl. Aktienperformance vs. S&P 500 in 2016 mit Portfoliogewicht von 2016 mit Aktienperformance vs. S&P 500 Jan 2016 – Juni 2017 mit Portfoliogewicht per Ende Juni 2017). Ein Qualitätsupgrade macht schon aufgrund der generell gestiegenen Marktpreise Sinn. Das gilt natürlich umso mehr, wenn das Upgrade günstig zu haben ist.


Im letzten Partnerbrief schieb ich: "Aktuell sind unsere Portfoliounternehmen gesamthaft betrachtet signifikant unterbewertet. In den aktuellen Marktpreisen unserer Portfoliounternehmen ist viel Pessimismus eingepreist und daher rechne ich mit deutlich höheren Aktienpreisen in den kommenden Jahren und zwar bei geringen Risiken." Seitdem ist der Marktwert unseres Portfolios ca. 35% gestiegen.


Meine aktuelle und konservative Schätzung ist, dass unser Portfolio per Ende Juni 2017 ca. 25% unterbewertet ist. Mit konservativ meine ich, dass ich zum einen die erwarteten Wachstumsraten unserer Firmen tief ansetze und zum anderen den Diskontsatz3 deutlich höher ansetze, als die Zinsen, die zukünftig erwartet werden.


Wachstumsraten und Zinsen spielen bei der Bewertung von Investitionen eine immens grosse Rolle. Sollte sich mein Konservatismus als unberechtigt herausstellen, dann wäre unser Portfolio in Wirklichkeit wesentlich stärker unterbewertet und somit noch viel attraktiver. Sofern die Zinsen mittelfristig nicht bedeutsam steigen, wäre ich nicht überrascht, wenn Aktien mittelfristig (5-10 Jahre) noch deutlich steigen würden – damit könnten wir alle gut leben, aber darauf zählen sollten wir nicht.


Sollten Zinsen hingegen signifikant steigen, würden Aktien generell darunter leiden. Doch ich gehe davon aus, dass viele unserer Firmen – ca. 60% unseres Portfolios per Ende Juni 2017 – von den höheren Zinsen mittel- und langfristig merklich profitieren würden (4). Das ist übrigens kein Zufall, sondern so beabsichtigt. Wenn so vieles von Zinsen abhängt und man schlicht nicht wissen kann, wann sich Zinsen wie entwickeln werden, sollte man versuchen, das Zinsrisiko zu minimieren. Das habe ich bei unserer Firmenwahl berücksichtigt.


Wie immer habe ich keine Ahnung, wie sich die Märkte oder unsere Aktien kurzfristig verhalten werden.


Getroffene Entscheidungen


Portfolioveränderungen


In den letzten eineinhalb Jahren fokussierte ich mich vor allem auf drei Sachverhalte:

  1. Erstens, nutzte ich den grossen allgemeinen Pessimismus der Marktteilnehmer in 2016, um bei Portfoliounternehmen aufzustocken, die viel zu günstig geworden waren.

  2. Zweitens, reduzierte ich die Anzahl Firmen, bei denen ich zwar grosse Chancen aber auch grössere Risiken erkennen konnte. In den allermeisten Situationen, handelte es sich dabei auch um Unternehmen bei denen wir Gewinne realisiert hatten. Mit anderen Worten hatte sich das zukünftige Chancen-Risiko-Verhältnis durch den gestiegenen Preis verschlechtert.

  3. Drittens, investierte ich das frei gewordenen Kapital in Unternehmen, von deren langfristigen Überlegenheit ich sehr überzeugt bin, um unser Portfolio qualitativ weiter aufzuwerten:

    • Meist handelt es sich dabei um firmenspezifische Charakteristiken, die die Marktteilnehmer meines Erachtens falsch deuten oder nicht genügend honorieren.

    • Das Spannende daran ist, dass diese Missverständnisse lange anhalten können. In Folge, können diese Firmen trotz steigenden Aktienpreisen lange Zeit unterbewertet bleiben, denn ihr wahrer Wert kann lange Zeit mindestens so schnell steigen wie ihr Aktienpreis.

    • Das würde uns und unseren Unternehmen die Chance bieten, kontinuierlich zu attraktiven Preisen aufzustocken und somit unseren Erfolg langfristig zu maximieren.

All diese Massnahmen führten dazu, dass unser Portfolio noch etwas fokussierter geworden ist. Per Ende Juni 2016 war 50% unseres Kapitals in vier Unternehmen investiert und die grössten sechs Portfoliounternehmen machten ca. 70% des Gesamtkapitals aus. Warum ich das für richtig und wichtig halte, beschreibe ich im Abschnitt "Die Zukunft und RICHTWERTs Wettbewerbsvorteile".


Im letzten Partnerbrief schrieb ich: "Von den 23 Firmen, in die wir im Laufe der Partnerschaft investiert haben, bin ich mir bei vieren nicht mehr sehr sicher, dass das Management die Aktionärsinteressen vor ihren eigenen stellt. … Zwei haben wir mittlerweile mit Gewinn verkauft und die anderen beiden sind so attraktiv bewertet, dass ich nicht bereit bin, sie zu aktuellen Preisen zu verkaufen. Diese machen im Schnitt ca. 6% unseres Portfolios aus und ich hoffe, dass meine Zweifel unbegründet sind."


Das Warten hat sich gelohnt. 2016 konnte ich auch die zwei übrig gebliebenen Firmen zu deutlich höheren Preisen verkaufen, eine mit Gewinn und die andere mit Gewinn und Verlust (je nach Eurem Einstiegszeitpunkt bei RICHTWERT). Ich bin mir noch immer nicht sicher, ob deren Management unehrlich war, aber die Tatsache, dass wir 3 bzw. 4 von 4 Firmen mit Gewinn verkaufen konnten, spricht dafür, dass der attraktive Kaufpreis uns zumindest eine gewisse Sicherheitsmarge bot. Übrigens bei der großen Mehrheit unserer Portfoliounternehmen sticht die Integrität des Managements für mich sehr klar hervor.


Fehler, wieder gutgemachte Fehler und richtige Entscheidungen


Ich versprach Euch, stets offen über meine Fehler zu berichten. Wären unsere Rollen umgekehrt, würde ich dasselbe erwarten und schätzen. Außerdem gehören Fehler unweigerlich zu Entscheidungen. Ich kann aber aus ihnen lernen, in dem ich mich damit gezielt auseinandersetzte. Erfreulicherweise, betreffen die meisten Fehler Investitionen, die ein geringes Teil unseres Portfolios ausmach(t)en.


Fehler

2016 investierte ich in ein Fintech-Unternehmen, von dessen langfristigem Erfolg ich so überzeugt war, dass ich zwei Warnzeichen in Kauf nahm. Das erste war, dass das Management operative Ergebnisse auch vor Berücksichtigung von Aktienoptionen präsentierte. Das andere Warnzeichen war, dass diese Aktienoptionen grosszügig an das Management vergeben wurden.


Normalerweise winke ich bei solchen Warnzeichen sofort ab, aber ich hatte bei einer Technologiefirma trotz dieser Warnzeichen sehr gute Erfahrungen gemacht und dachte das Geschäftsmodell so überlegen ist, dass es diese Warnzeichen überwiegt. Zudem hoffte ich, dass auch diese Firma mit etwas mehr Reife vernünftiger werden würde. Ferner war der Firmengründer und CEO, der am meisten beachtete Experte in der Fintech-Welt, selber stark an der Firma beteiligt und hatte somit grosses Interesse, das Aktionäre nicht benachteiligt werden. Die Firma war absoluter Marktführer, war sehr solide finanziert, wuchs enorm schnell und traf die richtigen Entscheidungen. Last but not least war der Aktienpreis deutlich gefallen und in Anbetracht der Wachstumsraten attraktiv. Was also konnte schiefgehen?


Kurz nach meinem Kauf sank der Preis weiter, obwohl die Firma die richtigen Schritte verfolgte. Daher stockte ich weiter auf. Insgesamt steckten ca. 3% unseres Kapitals in dieser Firma.


Wenige Monate später ging bei der Firma so viel so unnötig schief (5), dass sich der Aktienpreis innert kurzer Zeit halbierte. Ich hielt diese Reaktion trotz der Geschehnisse für eine Übertreibung, hielt aber aufgrund der genannten Warnzeichen von weiteren Zukäufen ab. Nach einigen Monaten stieg der Preis deutlich, lag jedoch noch unter unserem Kaufpreis. Als das Management erneut grosszügige Aktienoptionen vergab und die Geschäftsergebnisse wiederholt vor Berücksichtigung von Aktienoptionen präsentierte, entschied ich diese Investition mit einem Verlust zu verkaufen und unser Kapital Firmen anzuvertrauen, bei denen ich keinerlei Warnzeichen beobachten konnte. Ich halte das Geschäftsmodell der Firma nach wie vor für exzellent und wäre nicht verwundert, wenn sie nach einigen wichtigen Änderungen zu einem grossen Erfolg wird.


Wir haben drei weitere Investitionen, deren Aktienpreise stark gefallen sind. Im ersten Fall handelt es sich um einen Fehler, bei den anderen Firmen rechne ich mit einem positiven Ausgang.

  • Die erste Firma hatte ich im letzten Brief schon als Fehler ausgewiesen. In der Zwischenzeit ist der Preis weiter gesunken. Ursprünglich hatten wir ca. 2% unseres Kaptals in diese Firma investiert. Aktuell mach sie ca. 1% unseres Kapitals aus. Nun zeichnet sich vielleicht eine Zykluswende in der Industrie an. Sollte diese kommen, wird man erkennen, wie sehr diese Firma unterbewertet ist.

  • Die zweite Firma besitzt viele attraktive Merkmale (u.a. wertvolle Marke, Qualität, Distribution, langfristige Investoren, starke Finanzierung) und befindet sich in einer Reorientierungsphase, weil sich die Branche grundlegend ändert. Ich investierte, weil ich an eine erfolgreiche Reorientierung glaubte und die Firma für unterbewertet hielt. Die Umstrukturierung gestaltet sich als schwierig und schmerzvoll, aber ich räume ihr nach wie vor intakte Chancen ein und finde, dass sie die richtigen Schritte unternimmt.

  • Bei der dritten Firma hätte ich im Nachhinein, etwas länger warten sollen, um einen tieferen Einstiegspreis zu bekommen. In der Zwischenzeit habe ich zu tieferen Preisen aufgestockt und bin zuversichtlich, dass wir in den kommenden Jahren nicht nur keinen Verlust, sondern noch Gewinne realisieren werden. Die Firma ist nach wie vor attraktiv und aktuell stark unterbewertet.

Wieder gutgemachte Fehler

2016 reduzierte ich drei unserer gewichtigen Positionen zu Preisen, die sich im Nachhinein als zu günstig herausstellten. Erfreulicherweise reduzierte ich diese Positionen aufgrund anderer attraktiven Opportunitäten. So gesehen, waren es am Ende keine wirklichen Fehler.

  • Im ersten Fall war ich bei der Firmenbewertung zu konservativ. Wir erzielten zwar sehr stolze Gewinne, und unsere Position ist noch immer gewichtig, aber wir hätten mehr herausholen können. Hieraus habe ich gelernt, dass ich beim Verkauf grossartiger Unternehmen geduldiger sein sollte.

  • Im zweiten Fall handelte ich aufgrund der überraschenden U.S. Präsidentschaftswahl ausnahmsweise kurzfristig, um das Portfolio zu "optimieren". Ich hoffe, dass ich diese Lektion nicht wieder lernen muss…

  • Im dritten Fall habe ich nach gravierenden und vollkommen unnötigen Managementfehlern einer unserer Firmen entschieden, unsere grösste Position etwas zu reduzieren. Dabei habe ich übersehen, dass andere Faktoren, den Managementfehler mehr als ausgleichen könnten. Hieraus habe ich erneut gelernt, dass Management zwar sehr wichtig ist, aber andere Faktoren oft entscheidender sind.

Wie Ihr seht, bieten eineinhalb Jahre reichlich Zeit für Fehler. Dass wir trotzdem eine positive Performance von 12.9% bzw. 13.5% hatten, liegt zum einen daran, dass die Fehler nur kleinere Teile unseres Portfolios betrafen und zum anderen daran, dass ich auch sehr gute Entscheidungen traf.


Richtige Entscheidungen

Die bereits beschriebenen frühzeitigen Verkäufe konnte ich ausgleichen, indem ich das freigewordene Kapital in Firmen investierte, die ich für noch attraktiver hielt und halte.

  • Die neuen Firmen entwickelten sich genauso gut oder besser als die, deren Anteil ich reduziert hatte.

  • Bis auf wenige Ausnahmen entwickelten sich auch ihre Aktienpreise genauso gut oder besser als die, deren Anteil ich reduziert hatte.

  • Bei den wenigen Ausnahmen, deren Aktienperformance sich bisher gut aber nicht exzellent entwickelt hat, bin ich mittel- und langfristig überzeugt, dass sie auf- und überholen werden.

  • Es sind allesamt exzellente Firmen mit langanhaltenden und wachsenden Wettbewerbsvorteilen.


Warum Makroökonomie, Politik und Prognosen bei RICHTWERT kaum eine Rolle spielen?


In den Medien und bei den Marktteilnehmern dreht sich fast alles um die Politik und um die Makroökonomie entweder global, regional oder auf Landesebene. Präsidentschaftswahlen, BREXIT, Konflikte, Flüchtlingskrisen, geopolitische Ereignisse prägen stets die Schlagzeilen. Oft werde ich gefragt, wie sich diese auf die Märkte auswirken werden und ob aktuell ein guter Zeitpunkt für Investitionen sei. Das ist verständlich. Meine Antwort lautet stets: "Ich weiss nicht was die Märkte in den nächsten Monaten oder 1-3 Jahren machen werden, aber ich denke es ist ein guter Zeitpunkt." Zurecht könnt Ihr fragen: "Woher dann diese Zuversicht?"


Selbstverständlich wäre es wichtig, Ereignisse vorhersagen zu können und zu wissen, was die Märkte machen werden. Politik, Makrowirtschaft und die Zukunft sind mir gewiss nicht egal. Ich mache mir z.B. grosse Sorgen, dass die Schere zwischen den extrem Reichen und allen anderen soweit aufgegangen ist und künftig noch weiter aufgehen wird, wenn die Politik nicht eingreift. Ich mache mir auch Sorgen darum, dass Politiker entweder nicht den Mut oder nicht die Kenntnisse haben, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Anstelle Kapitalismus zu fördern und dafür zu sorgen, dass der Kuchen grösser wird, damit wir mehr zum Verteilen haben, suchen sie nach Schuldigen, bremsen den Kapitalismus und üben immer mehr Protektionismus gegenüber Unternehmen (übermässige und oft kontraproduktive Regulierung) und anderen Staaten sowie deren Menschen aus. In der Vergangenheit haben solche Massnahmen nicht nur die Wirtschaft gehemmt, sondern auch Weltkriege und Massenverfolgungen verursacht. Leider sind das nicht die einzigen wichtigen Herausforderungen, die uns bevorstehen.


So wichtig solche Überlegungen auch sein mögen, ich lasse sie nicht in Investitionsentscheidungen bei RICHTWERT einfliessen (6), weil solche Ereignisse, ihr Timing und ihre Folgen nicht vorhersehbar sind. Wer behauptet, zu wissen was passieren wird, weiss entweder nicht, dass er es nicht weiss oder lügt. In den Worten von John Kenneth Galbraith: “There are two kinds of forecasters: those who don't know, and those who don't know they don't know.” Wüsste es jemand mit Gewissheit, hätte er es nicht nötig, ein Interview zu geben. Mithilfe von Hebelprodukten wären dieser Person immense Gewinne garantiert.


Bei den US-Präsidentschaftswahlen z.B. gingen die Experten und die grosse Mehrheit davon aus, dass Clinton deutlich gewinnen und dass dies positiv für die Märkte sein würde. Immer wenn sich die Chancen für Trump verbesserten, sanken sowohl der US-Dollar als auch die Märkte. Als dann deutlicher wurde, dass Trump gewinnen würde, stiegen plötzlich die Märkte und der US-Dollar. Nachdem sein Sieg bestätigt wurde, beschleunigte sich sogar der Anstieg. Man scheiterte also nicht nur kläglich daran, den Wahlsieg vorauszusagen, sondern lag auch noch bei den Folgen komplett daneben.


Die Ökonomie und die Kapitalmärkte sind noch viel komplexer. Sie werden kurzfristig von so vielen Faktoren gleichzeitig beeinflusst, dass selbst richtige Vorhersagen noch lange keine richtigen Schlüsse zulassen. Wie aber soll man erfolgreich investieren, wenn die Zukunft ungewiss ist? Hiergegen gibt es aus meiner Sicht drei Rezepte. Bei RICHTWERT setze ich auf alle drei.


Erstens hilft es, einen möglichst langen Zeithorizont zu haben, sind doch die Auswirkungen der allermeisten Ereignisse tendenziell kurzfristig:

  • Im 20. Jahrhundert erlebten die Menschen die globale Depression der 30er Jahre mit massiver Arbeitslosigkeit, zwei Weltkriege, den Einsatz von Atomwaffen, zahlreiche regionale Kriege sowie Bürgerkriege, Epidemien, die Ölkrise der 80er, die Asienkrise in den 90ern und ….. der Dow Jones Index stieg im selben Zeitraum von 68 auf 11497 UDS und zwar vor Dividendenerträge!

  • Und für diejenigen unter uns, die nicht ein Jahrhundert warten können: Seit der Jahrtausendwende erlebten wir das Platzen der Internet-Blase (Dow Jones Index verlor ca. 40%) und die Finanzkrise, die schwerste Krise seit dem 2.Weltkrieg (Dow Jones Index verlor mehr als 50%) und … der Dow Jones Index stieg von 11497 auf 19762 USD per Ende 2016, wiederum vor Dividendenerträge.

Zweitens sollte man sich nur auf die wenigen Investitionen fokussieren, bei denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit in etwa wissen kann, was mittel- und langfristig passieren wird:

  • Wie im letzten Jahresbrief im Detail beschrieben, war und ist es nicht schwierig zu folgern, dass Unternehmen und deren Anteile (Aktien) im Vergleich zu den Alternativen wie z.B. Bargeld, Anleihen und den meisten Immobilien attraktiver waren und noch immer sind.

  • Weiterhin ist es nicht schwierig, die grosse Mehrheit der Firmen auszuschliessen, weil man sie nicht versteht oder nicht wissen kann, wie sie in 5-10 Jahren dastehen werden. Viele weitere kann man ausschliessen, weil sie unattraktiv sind, kein geeignetes Management besitzen oder zu teuer sind.

Drittens muss man sich auf unwahrscheinliche Szenarien vorbereiten. Um die wahrscheinlichen muss man sich in der Regel keine Sorgen machen, da sie meist bereits in Marktpreisen eingepreist sind:

  • Was wenn man sich bei der Auswahl der Unternehmen irrt? Hier hilft eine hohe Sicherheitsmarge. Investitionen, deren Marktpreis deutlich unter ihrem wahren Wert liegt, schützen Investoren weil sie viel Raum für Fehler zulassen.

  • Was wenn die Zinsen unerwartet stark ansteigen? Hiergegen kann man sich schützen, indem man auf Unternehmen setzt, die von einem Zinsanstieg profitieren würden.

  • Was wenn ein eine Krise bevorsteht und die Märkte fallen? Sollte man nicht besser, aus den Märkten aussteigen oder mit dem Einstieg warten?

    • Erstens führt eine Krise nur dann zu Kursverlusten, wenn sie unerwartet kommt und zweitens lassen sich unerwartete Ereignisse nicht zuverlässig prognostizieren.

    • Den besten Schutz bieten Unternehmen mit langanhaltenden Wettbewerbsvorteilen, weil sie von Krisen profitieren.

    • Die meiste Zeit, ist es sehr schwierig zu urteilen, ob die Märkte zu hoch (oder zu tief) bewertet sind. Nur selten wie z.B. bei Internet-Aktien während der Internet Blase oder heute bei Staatsanleihen gelingt dies wenigen, erfahrenen und disziplinierten Investoren. Aber selbst in solchen Fällen, gibt es fast immer einzelne Marktbereiche oder einzelne Wertpapiere, die attraktive Investitionen darstellen. Daher ist es selbst dann nicht ratsam, aus den Märkten auszusteigen bzw. abzuwarten.

Howard Marks fasst das wesentlich eleganter zusammen: "You can’t predict. You can prepare." (7)


Es gibt übrigens noch einen weiteren wichtigen und praktischen Grund, warum ich Makroökonomie und Politik nicht berücksichtige. Immer wenn ich es versucht habe, war ich hinterher reicher, jedoch nur an Erfahrungen (siehe Abschnitt "Wieder gutgemachte Fehler").


Die Zukunft und RICHTWERTs Wettbewerbsvorteile


Seit Beginn unserer Partnerschaft habe ich kommuniziert, dass die sehr attraktiven jährlichen Renditen an den Märkten erst mal der Vergangenheit angehören, weil die Märkte schon stark angestiegen sind. Nach dem weiteren Anstieg der letzten eineinhalb Jahren gilt das umso mehr.


Dennoch gibt es gute Gründe zum Optimismus:

  1. Unternehmen und ihre Anteile (Aktien) sind besser als die Alternativen.

  2. Es gibt noch immer (wenige) unterbewertete Unternehmen.

  3. Früher oder später korrigieren die Märkte wieder und erzeugen wieder attraktive Chancen.

  4. RICHTWERT verfügt über wichtige und anhaltende Wettbewerbsvorteile.

In früheren Briefen ging ich auf Punkte 1-3 ein, daher fokussiere ich mich nun auf den letzten und vielleicht wichtigsten Punkt.


Bestehende Investment Manager sowie Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften verfügen ausnahmslos über mehr Ressourcen (Kapital, Personal, Historie, Informationszugang und Intelligenz (8)). Wieso sollte also gerade RICHTWERT Mehrwert für seine Partner generieren? Meine Meinung ist sicher nicht frei von Subjektivität, aber ich hoffe sie ist trotzdem für Euch ebenso überzeugend wie für mich.


Unsere Gesellschaft trimmt uns stets darauf, mit anderen zu konkurrieren. Das hat zweifelsohne viele positive Folgen. Konkurrenz ist aber nicht der einzige und oft auch nicht der beste Weg zum Erfolg. Die Konkurrenz zu meiden, wird meist gänzlich vernachlässigt. Welche Eltern oder Lehrer predigen denn schon stolz, dass ihr Schützling den simplen (jedoch nicht einfachen) Weg gehen und die Konkurrenz meiden soll? Dabei ist dieser Weg meist weit aussichtsreicher.


Zum Glück ist Investieren keine olympische Disziplin, bei der Schwierigkeitsgrad eine Rolle spielt. Wichtig ist, möglichst geringe Risiken einzugehen und möglichst hohe Renditen zu erzielen. Mit RICHTWERT gehe ich den logischen aber unkonventionellen Weg, wo wenig Konkurrenz anzutreffen ist.


Was mich in der Investmentbranche immer frustrierte, war und ist die gänzlich fehlende Bereitschaft und Fähigkeit, bei Investitionen wie ein Unternehmer zu denken und zu handeln sowie die Tatsache, dass die Konditionen für Kunden unfair gestaltet sind.


Denken und handeln wie ein Unternehmer

Bei RICHTWERT bedeutet unternehmerisches Denken und Handeln,

  • dass Entscheidungen auf betriebswirtschaftliche Unternehmens- und Industrieanalysen und nicht auf makroökonomischen Überlegungen beruhen (siehe vorheriger Abschnitt),

  • dass Entscheidungen langfristig getroffen werden,

  • dass Entscheidungen unabhängig und fokussiert getroffen werden,

  • und dass Entscheidungen mit einer Balance zwischen Disziplin und Rationalität getroffen werden.

Langfristige Orientierung

Wir treffen langfristige Investmententscheidungen,

  • da die allermeisten nicht warten und schnell zum Ziel kommen wollen (enorme Konkurrenz intelligenter und motivierter Menschen, die sich gegenseitig neutralisieren);

  • da kurzfristig so viele Faktoren eine Rolle spielen, dass kurzfristige Entscheidungen in Realität fast immer Spekulationen darstellen;

  • da kurzfristige Entscheidungen unnötige Kosten und Steuern verursachen können;

  • und da wir möglichst am langfristigen Erfolg unserer Portfoliounternehmen teilhaben wollen, anstatt diese ständig gegen andere auszutauschen. Mir bereitet es grosse Freude, Unternehmen zu identifizieren, an deren Erfolg wir langfristig teilhaben können. Ich hoffe, Euch sowohl finanziell als auch konzeptionell an dieser Freude teilhaben lassen zu können, indem ich in meinen Briefen an Euch ihre Eigenschaften hervorhebe.

Unabhängig und fokussiert

Wir treffen unabhängige und fokussierte Investmententscheidungen

  • da die meisten sich nach der Mehrheit orientieren, weil es sich dort sicherer anfühlt und;

  • da überdurchschnittliche Resultate differenziertes und korrektes Handeln sowie Fokus voraussetzen.

Zum Beispiel hatten wir im Sommer 2016 eine hohe Konzentration in wenige Finanzunternehmen, die insgesamt deutlich mehr als die Hälfte unseres Portfolios ausmachten – eine Konzentration, die in der Investmentbranche als hochriskant und unverantwortlich angesehen wird. Einige Partner und Interessenten hatten mir gegenüber kommuniziert, dass sie von sich aus diese Branche meiden würden, weil sie generelle Zweifel am Geschäftsmodell der Finanzindustrie hegten. Ich war und bin anderer Meinung. Die hohe Konzentration war nicht Folge einer Top-Down Branchenvorliebe, sondern Ergebnis einer Bottom-Up Analyse von Unternehmen mit bedeutenden sowie anhaltenden Wettbewerbsvorteilen und starkem Management, die zu Unrecht unter dem schlechten Ruf der Gesamtbranche litten und somit sehr attraktiv bewertet waren. Die sehr attraktive Bewertung bot eine hohe Sicherheitsmarge, d.h. geringes Verlustrisiko und gleichzeitig hohes Gewinnpotential. Darüber hinaus boten uns diese Investitionen eine günstige Versicherung im Falle steigender Zinsen. In solchen Fällen ist eine hohe Konzentration durchaus konservativ und nicht, wie allgemein angenommen, riskant.


Ein weiteres Beispiel ist ein sehr bekanntes Unternehmen, das in der Kritik stand, an Innovationskraft verloren zu haben und welches von einem beachteten Investor verkauft worden war. Wir kauften Anteile an dieser Firma und stockten nach einem Preisverfall noch weiter auf, weil ich die Argumente für Unsinn hielt und halte. Bis heute war diese Entscheidung eine unserer profitabelsten. Nun hat sich herausgestellt, dass ein noch mehr beachteter Investor im großen Stil investiert hat.


Unabhängiges und fokussiertes Handeln ist oft einsam, erfordert korrekte Entscheidungen, Durchhaltevermögen und eine gewisse Eigensinnigkeit bzw. Sturheit, die von Vermessenheit unterschieden werden muss. Das Unangenehme daran ist, dass man bei richtigen Entscheidungen zwischenzeitlich wie ein Idiot aussieht, weil alle anderen in die Gegenrichtung laufen. Die Gefahr dabei ist, dass man sich leicht selbst täuschen und Vermessenheit mit Unabhängigkeit verwechseln kann. Ich bin froh, das Unangenehme ausgehalten und sogar für uns aufgestockt zu haben, als der Markt gegen uns lief. Ich bin auch froh, dass ich mich nicht selbst getäuscht habe. Ich hoffe, Ihr verzeiht es mir, wenn mir das in Zukunft auch mal nicht gelingt. Es wird sicher vorkommen.


Balance zwischen Disziplin und Rationalität

Wir treffen Investmententscheidungen mit einer Balance aus Disziplin und Rationalität, denn

  • ohne Disziplin fliegt man vergeblich von Trend zu Trend auf der Suche nach Erfolg,

  • und ohne Rationalität bleibt man zu lange einer Disziplin treu, die nicht länger funktioniert.

Zum Beispiel versuche ich stets Firmen zu finden, die geringem Wandel ausgesetzt sind, denn Repetition und Übung sorgen auch bei Firmen für Erfolg. Stetiger Wandel jedoch erfordert viele neue Entscheidungen und birgt viel Potenzial für Fehler. Darwinismus ist zwar positiv für den Kapitalismus als Ganzes, aber nicht Freund des einzelnen Investors.


Gleichzeitig stellt der technologische Wandel immer mehr Branchen auf den Kopf. Heute gibt es kaum Branchen, die geringem Wandel ausgesetzt sind. Unternehmen aus den wenigen, übrig gebliebenen Branchen sind in der Regel hoch bewertet und bieten geringe Sicherheitsmargen.


Rationalität fordert daher, dass ich meine Disziplin überdenke und prüfe, ob sie uns zu Recht oder vielleicht manchmal auch zu Unrecht einschränkt. In den letzten zwei Jahre habe ich beispielsweise unsere Investitionen in günstig bewertete Technologiefirmen sukzessive erhöht, weil ich anhaltende Wettbewerbsvorteile identifizieren konnte, mit denen sie dem stetigen Wandel entgegenwirken können. Die Zukunft wird zeigen, ob diese graduelle Anpassung der Disziplin wirklich rational war.


Fairness

Für mich und bei RICHTWERT, bedeutet Fairness, dass wir zusammen leiden (hoffentlich selten und kurz) und zusammen feiern (hoffentlich oft und lange). Das erfordert, dass ich mit Eurem Kapital so umgehe, wie mit meinem eigenen und dass ich nur etwas verdiene, wenn ich auch wirklich etwas verdient habe:

  • Aus diesen Überlegungen heraus, bin ich genauso wie Ihr Kunde/Partner von RICHTWERT und habe praktisch meine ganzen Ersparnisse RICHTWERT anvertraut.

  • Zudem kennt RICHTWERT keine Managementgebühren:

    • Ihr zahlt RICHTWERT ausschliesslich eine Erfolgsbeteiligung, wenn Eure jährliche Performance eine Hürde von 5% übersteigt.

    • Verluste werden vorgetragen und erhöhen die Hürde für Folgejahre.

    • Mit anderen Worten könnte Euer Portfolio theoretisch jedes Jahr um bis zu 5% wachsen, ohne dass Ihr RICHTWERT jemals einen Cent oder einen Rappen zahlen müsstet.

    • Ihr könnt somit sicher sein, dass Ihr für durchschnittliche Performance, die theoretisch (zur Praxis schreibe ich Euch im nächsten Jahresbrief) auch mit passiven Investitionen erzielbar wäre, keine Gebühren an RICHTWERT zahlen werdet. Ich denke das ist fair. Die überwiegende Mehrheit der Investmentindustrie kassiert nicht nur bei durchschnittlicher sondern auch bei negativer Performance.

    • Manchmal frage ich mich, ob ich hier über mein gut gemeintes Ziel hinausgeschossen bin, indem ich die exponentiell wirkende Hürde zu grosszügig gewählt habe, aber ich nehme das sportlich als Herausforderung an mich selbst.

Zweifelsfrei, tragen beide Maßnahmen ungemein zur Fairness bei. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, sind beide Maßnahmen in der Investmentbranche äußert selten bis nicht existent.


Ich danke Euch für Euer Vertrauen; hoffe Ihr findet diesen Brief aufschlussreich und interessant; und freue mich auf Euer Feedback, vor allem wenn etwas nicht verständlich sein sollte. Solltet Ihr andere Personen kennen, für die unsere Partnerschaft auch interessant sein könnte, würde ich mich über eine Nachricht sehr freuen. Ich erwarte übrigens keine Empfehlung. Jeder soll sich selbst für oder gegen RICHTWERT entscheiden, indem er oder sie unser Partners' Manual liest und mit mir spricht.


Mit den besten Grüßen.,




Bahram Assadollahzadeh, CFA

April 2017




Endnoten:

(1) Mit Markterwartungen meine ich nicht die subjektiv empfundenen Erwartungen der Marktteilnehmer, sondern die faktischen Erwartungen, welche sich aus den von uns bezahlten Marktpreisen ableiten lassen.
(2) Ich sage "sollte", weil das das rationale Verhalten wäre. Kurz- und mittelfristig bringen Emotionen vieles durcheinander.
(3) Der Diskontsatz ist der Zinssatz, den Marktteilnehmer fordern, damit eine Investition anderen Investitionsopportunitäten gleicht. Wenn Banken oder sichere Staatsanleihen z.B. eine Verzinsung von 5% versprechen, dann fordern Marktteilnehmer beispielsweise einen Diskontsatz von 10% für Aktien, weil diese nicht so sicher sind wie die mehr oder weniger sichere 5% Verzinsung. Mit dem Diskontsatz werden zukünftig erwartete Cashflows in ihren heutigen Gegenwert "diskontiert".
(4) Kurzfristig würden sie wahrscheinlich genauso leiden wie Aktien generell. Da es nicht möglich ist, das Timing zu bestimmen, nehme ich das kurzfristige in Kauf, wohlwissend, dass es mittel- und langfristig attraktiv sein wird.
(5) Kurz gesagt: Der CEO und Gründer machte einen sehr unnötigen aber bei weitem nicht-fatalen Fehler. Der Ausichtsrat hat meiner Meinung nach stark überreagiert (zumindest gemäss öffentlich bekannten Fakten) und ihn sowie zwei weitere Manager gefeuert, wodurch Kunden und Investoren sehr verunsichert wurden.
(6) Wie Ihr im Abschnitt "Wieder gutgemachte Fehler" lesen könnt, bin auch ich nicht immer immun gegen solche aussichtslosen Versuchungen.
(7) Memo: "You can’t predict. You can prepare.", Howard Marks, 20.11.2001
(8) Viele würden auch Erfahrung hinzuzählen. Wenn es aber um relevante Erfahrung geht und darum, daraus etwas gelernt zu haben, bin ich anderer Meinung. Ich glaube Richtwert hat in Sachen Erfahrung sogar die Nase vorne.


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